
Um Oliver Kahn war es ruhig geworden, seitdem im Mai 2023 sein Aus als Vorstandschef des FC Bayern München bekannt wurde. Damit hat es nun ein Ende. Der Torwart-Titan hat in seiner zweiten Karriere einen neuen Plan gefasst. Es geht um einen Traditionsklub in Frankreich, er in eine prekäre Lage geraten ist. Was hat es mit Oliver Kahn und Girondins Bordeaux auf sich?
Kahn will in die Fußstapfen von bekannten Fußballern treten, die nach ihrer Karriere zu Investoren in Vereinen wurden. Ein bekanntes Beispiel: David Beckham. Die englische Fußball-Legende gründete mit einer Investorengruppe den US-amerikanischen Fußballclub Inter Miami.
Der Club, in den sich Kahn verguckt hat, befindet sich nicht in den USA, sondern in Frankreich. Es handelt sich um Girondins Bordeaux, einen französischen Traditionsverein und ehemaligen französischen Meister, der einen dramatischen Absturz erlebt hat.
Eine kurze Zusammenfassung der Geschehnisse der letzten Jahre:
Girondins Bordeaux musste mit einem Schuldenberg von rund 100 Millionen Euro Insolvenz anmelden. Der Club ist am Boden, vor dem Handelsgericht geht es um seine Zukunft. Wenn dort kein Finanzierungsplan vorgelegt werden kann, mit dem ein Schuldenabbau realistisch ist, kann es zu einer gerichtlichen Liquidation kommen. Der Verein könnte Geschichte sein.
Der Titan hätte in Bordeaux also eine große Aufgabe vor sich. Zudem stellt sich die Frage, ob sich Kahn überhaupt in das Projekt einkaufen könnte. Sein Plan ist, den Verein zusammen mit dem Unternehmer Jacques-Henri Eyraud zu übernehmen.
Der Franzose sitzt im Aufsichtsrat von Olympique Marseille und ist Vertreter des UEFA-Komitees. Ein Mann mit viel Erfahrung und zahlreichen Kontakten.
Gerard Lopez, der Besitzer von Girondins Bordeaux scheint von den Plänen von Kahn und Eyraud allerdings nicht begeistert zu sein. Die französische Zeitung L´Equipe berichtet, dass Lopez auch nach dem Verkauf des Clubs die Kontrolle über diesen behalten möchte. Wie er sich das vorstellt, ist nicht überliefert; Kahn dürfte aber schlauer sein, denn er hat Lopez kürzlich getroffen.
Laut dem Zeitungsbericht zweifelt Lopez vor allem an dem Projekt, weil Kahn und Eyraud nicht mit großem Eigenkapital agieren wollen, sondern mit einem Konsortium vor allem die Interessen von Investoren vertreten könnten. Er scheint nicht bereit, ein solches Risiko einzugehen.
Wie die Sache ausgeht, ist bislang unklar. Ein erstes offizielles Angebot von Kahn und seinem Konsortium wurde nach Informationen von Bild abgelehnt.
Zuvor hatte sich der Deutsche mit Pierre Hurmic, dem Bürgermeister der 265.000-Einwohner-Stadt Bordeaux, getroffen. Im Bericht wird betont, dass sich ein mögliches Einstiegsverfahren noch am Anfang befinde. Kahn und Co. könnten ihr Angebot weiter verbessern und beide Seiten aufeinander zugehen.
Eine Rückkehr in den deutschen Fußball kann sich Kahn derzeit „nicht vorstellen“, wie er im ZDF-Sportstudio verriet. Das dürfte zum einen an seiner Zeit beim FC Bayern liegen, die nicht glücklich endete.
Auf der anderen Seite kann man sich Kahn auch bei keinem anderen deutschen Klub vorstellen, was womöglich auch für ihn selbst gilt. Das Ausland ist in diesem Szenario eine logische Option.
In seinem Auftritt in der Kultsendung offenbarte Kahn, dass er eine Aufgabe in einem anderen Land enorm spannend finden würde. Es reize ihn, als Gestalter und Investor einen Club zu entwickeln und zu führen.
Die Aufgabe Girondins Bordeaux passt ideal in diese Überlegungen. Immerhin handelt es sich um einen Traditionsverein, der noch immer auf eine große Fanbase zurückgreifen kann. Auch potenzielle Sponsoren dürften vorhanden sein, wenn der Verein nach und nach wieder eine größere Rolle spielen sollte.
Und entwickeln könnte Kahn in Bordeaux auf jeden Fall einiges, da der Verein in der 4. Liga starten muss. Immerhin spielt Girondins in dieser Saison um den Aufstieg in die 3. Französische Liga mit.
Kahn beendete seine Karriere im Jahr 2008. Als aktiver Spieler gewann der Torwart im Vereinsfußball fast alles, was es im Fußball zu gewinnen gibt. Nach einigen Jahren in seiner Heimatstadt Karlsruhe wechselte Kahn 1994 zum FC Bayern München.
Er gewann mit den Münchnern unter anderem die folgenden Titel:
Mit der Nationalmannschaft, in der Kahn viele Jahre die unumstrittene Nummer 1 war, lief es nicht ganz so gut. Zwar wurde der Titan 1996 Europameister, damals aber noch ohne Einsatzminute.
Als Leistungsträger wurde Kahn 2002 Vizeweltmeister, zu einem WM-Titel reichte es nicht. Rund um die Jahrtausendwende galt Kahn als bester Torwart der Welt. 1999, 2001 und 2002 wurde er zum Welttorhüter ernannt.
Direkt nach seinem Karriereende unterschrieb Kahn beim ZDF. Von 2008 bis 2020 war er in der Rolle des Experten bei Fußballübertragungen zu sehen – vor allem bei Länderspielen. Von 2012 bis 2020 promotete Kahn außerdem Fußball Wetten und andere Sportwetten, indem er als Markenbotschafter das Gesicht von Tipico in Deutschland war.
Im Jahr 2016 gründete der ehemalige Torwart das Unternehmen Goalplay, das Torhüter durch Online-Schulungen unterstützt. Ein Jahr später begann er damit, dem saudi-arabischen Fußballverband bei der Ausbildung von Keepern zu helfen.
Im Januar 2020 folgte dann ein großer Schritt: Kahn wurde Vorstandsmitglied beim FC Bayern. Einige Monate später übernahm er als Nachfolger von Karl-Heinz Rummenigge den Posten als Vorstandsvorsitzender. Den Fünfjahresvertrag erfüllte er nicht, im Mai 2023 folgte die Entlassung.
Von den Bayern-Ultras wird Kahn vorgeworfen, dass Gehaltsgefüge beim deutschen Rekordmeister zerstört zu haben, da einige Spieler hohe Jahresgehälter erhielten. Auch die Personalpolitik war ein Streitpunkt. Bei Girondins Bordeaux könnte der Titan nun eine neue Chance erhalten.
Wenn es nichts mit einem Projekt in Frankreich wird, dürfte Kahn weiter Ausschau halten. Es ist alles andere als unwahrscheinlich, dass wir Kahn in den nächsten Jahren im Management eines ausländischen Clubs sehen. Zu einem deutschen Verein zieht es ihn womöglich nicht mehr.
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